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Der letzte Abschwung

In memoriam Hannes Schopf (1947-2020). Ein Vorabdruck aus der Zeitschrift „Quart“.

Vor 30 Jahren belehrte ein österreichischer Bischof einen Journalisten: In den Texten des Zweiten Vatikanischen Konzils, auf das sich kritische Katholiken gerne beriefen, stehe, dem Bischof gebühren „Ehrfurcht und Gehorsam“. Auf die Ehrfurcht, erklärte er jovial, lege er keinen Wert, wohl aber auf den Gehorsam. Der Journalist erwiderte: „Wenn es so in den Texten steht, Herr Bischof, müssen Sie auch auf die Ehrfurcht Wert legen!“ Seiner Exzellenz entfuhren überrascht die Worte: „Also Humor haben Sie!“

Der Bischof hieß Kurt Krenn, der Journalist Hannes Schopf, damals Chefredakteur der katholischen Wochenzeitung „Die Furche“. Am Karfreitag, dem 10. April 2020, ist Schopf im Alter von 72 Jahren einer Covid-19-Erkrankung erlegen. Sein Tod trifft vor allem seine Familie, die auf der Parte von einem „lieben Gatten, fürsorglichen Vater, humorvollen Schwiegervater, liebevollen Opa“ Abschied nimmt. Mit ihm trat aber auch ein Publizist ab, den hohe Kompetenz, gelebte Solidarität, Humor, Courage, Einfallsreichtum und großer Einsatz für Werte und Ethos auszeichneten. 

Hannes Schopf kam am 7. Oktober 1947 zur Welt, neun Jahre nach jener Rosenkranzfeier im Wiener Stephansdom, die als einzigartiger Protest gegen das NS-Regime in die Geschichte eingegangen ist. Die Bedeutung dieses Tages war ihm bewusst und entsprach seiner eigenen geradlinigen christdemokratischen Haltung. Der unvergessliche Hubert Feichtlbauer holte Schopf 1979 vom ÖVP-Pressedienst zur „Furche“, wo er die Innenpolitik und 1984 die Chefredaktion übernahm.

Man konnte von Hannes Schopf fachlich und menschlich viel lernen. Er kreierte originelle Begriffe (etwa „Krokuwaz“ für die Mediaprint), er deckte auf, dass hinter dem Pseudonym „Christianus“ Bischof Krenn stand. Als Chef motivierte er vorwiegend mit Lob und stellte sich stets vor seine Mitarbeiter, wenn Bischöfe deren Texte, ob in der Zeitung oder in Büchern, beanstandeten. Als sich 1994 Sparmaßnahmen in der „Furche“ abzeichneten, gab er ohne Umschweife seinen Posten ab.

Später bewährte er sich beim „Österreichischen Bauernbündler“ (1995-1999) und dann bis zu seiner Pensionierung (2012) als Sprecher des Verbandes Österreichischer Zeitungen (VÖZ). Ehrenamtlich engagierte er sich noch als Vizepräsident des Presseclubs Concordia, als Ombudsmann des Österreichischen Presserates sowie als Vorsitzender der Publizistikförderungskommission.

„An die Maschinen!“ Mit diesem Kommando beendete Hannes Schopf viele „Furche“-Redaktionskonferenzen. Dabei agierte der Eisenbahn-Fan sonst gar nicht als Kommandant, sondern als umsichtiger Stationsvorsteher und Weichensteller. Stets sorgte er für ein gutes Betriebsklima – auch mit launigen Gedichten bei Feiern, mit Betriebsausflügen, darunter „Furche“-Skitagen. Der brillante Skifahrer war zwar begeisterter Weinviertler mit Wohnsitz Auersthal, ging aber als Kind am Arlberg mit der jung verstorbenen Slalom-Weltcupsiegerin Gertrud Gabl in die Schule. Nun wurde ihm ein Skiurlaub in Ischgl zum Verhängnis, nach dem letzten Abschwung kehrte er mit der tödlichen Infektion zurück. 

Ein Mann, der spürbar zwei große Kraftquellen in seinem Leben hatte – seine Familie und seinen Glauben –, ist uns, leider viel zu früh, ein Stück vorausgegangen.

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von

Dr. Heiner Boberski

geb. 1950, Studium der Theaterwissenschaft und Anglistik in Wien; 1978–2001 Redakteur der Wochenzeitung "Die Furche", ab 1995 deren Chefredakteur; 2004-2015 Journalist bei der "Wiener Zeitung"; derzeit freier Journalist. Autor mehrerer Sachbücher, vorwiegend zu Fragen der Religion. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.

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