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Schicksalhafte Papstwahlen

Vor genau 500 Jahren wurde mit Clemens VII. (Gemälde von Sebastiano del Piombo) der vielleicht „unheilvollste aller Päpste“ gewählt. Nicht das einzige denkwürdige Konklave-Jubiläum im heurigen Jahr.

Foto: wikimedia commmons

Vor genau 500 Jahren wurde mit Clemens VII. (Gemälde von Sebastiano del Piombo) der vielleicht „unheilvollste aller Päpste“ gewählt. Nicht das einzige denkwürdige Konklave-Jubiläum im heurigen Jahr. Foto: wikimedia commmons

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Die Schere zwischen Elend und Luxus

Das Wiener Dommuseum thematisiert mit der sehenswerten Ausstellung „arm & reich“ die Ursache vieler Konflikte.

Jede Person ist ein einzigartiges Individuum. Die Welt wäre langweilig, wenn alle Menschen gleich wären. Das wird vermutlich kaum jemand bestreiten. Aber ebenso unbestritten dürfte sein, dass Ungleichheit – insbesondere die Kluft zwischen jenen, die im Wohlstand leben, und jenen, die Tag für Tag um ihre Existenz kämpfen müssen – die Quelle vieler Auseinandersetzungen, wahrscheinlich sogar die Hauptursache für die meisten Probleme ist. Es verwundert nicht, dass derzeit das Dom Museum Wien dieses Thema in der Schau „arm & reich“ aufgreift, denn dieses 2020 mit dem Österreichischen Museumspreis ausgezeichnete Haus hat sich in jüngster Zeit durch Ausstellungen zu den Schnittstellen von Gesellschaftspolitik und Kunst – auch  in der Gegenüberstellung von sakralen und profanen Werken – einen Namen gemacht

Direktorin Johanna Schwanberg betont, dass sich die Thematik dieser Ausstellung durch die ganze Geschichte und auch durch die christliche Kunst zieht. Schon eine Inschrift „Ich hasse Arme“ aus dem antiken Pompeji weist auf die Ausgrenzung von Armen hin. Die Kirche hat einerseits große Reichtümer angehäuft, auf der anderen Seite haben sich Christen und kirchliche Einrichtungen immer durch besonderes soziales Engagement ausgezeichnet. 

Die Ausstellung will die Mittel der Kunst nutzen, um Unsichtbares sichtbar zu machen, um den von Armut Betroffenen ein Gesicht und eine Stimme zu geben. In Krisenzeiten bekomme das Thema besondere Aktualität, sagt Schwanberg: „Sozioökonomische Ungleichheit ist eine Grundkonstante unterschiedlicher Gesellschaften und Epochen. Neu ist allerdings, dass die Schere zwischen Arm und Reich infolge der Pandemie erstmals fast überall auf der Welt gleichzeitig weiter aufgegangen ist.“

Unter dem passenden Titel „Die große Schere“ sind die Objekte am Beginn der Schau zusammengefasst. Im ersten Raum zeigen Fotoarbeiten der Libanesin Lamia Maria Abillama brasilianische Frauen der Oberschicht und stellen diese ihren Haushälterinnen gegenüber. In der Ecke bettelt eine Skulptur mit dem Titel „Sitzender“ ­– eine Arbeit des deutschen Künstlers Albrecht Wild – um Almosen, daneben laufen auf einem LED-Display Texte mit Bitten um Hilfe in mehreren Farben und Sprachen. Als Gegenstück zu diesen Werken aus dem 21. Jahrhundert dient ein buntes spätmittelalterliches Tafelbild eines Flügelaltars, um das Jahr 1502 entstanden und einem schwäbischen Meister zugeschrieben, das eine der berühmtesten Szenen christlicher Mildtätigkeit darstellt: Der heilige Martin von Tours teilt seinen Mantel mit einem Bettler. Auf diesem Bild bedrängen sogar zwei Bettler den Heiligen, der sich dem körperlich Schwächeren der beiden zuwendet. Genau solche Sprünge durch die Epochen machen die Ausstellungen im Museum im Schatten des Stephansdoms so reizvoll und faszinierend.

Um „Gesichter und Geschichten“ geht es im nächsten Bereich. Ein um 1650 von Luca Giordano gemalter „Bettler“ aus dem Wiener Kunsthistorischen Museum strahlt nicht nur Armut, sondern auch Würde aus. Ihm gegenüber zeigt Andrea Appianis „Napoleon I. Bonaparte als König von Italien“ einen selbstbewussten Herrscher im vollen Ornat auf dem Höhepunkt seiner Macht.

Um 1860 ist Ferdinand Georg Waldmüllers Ölgemälde „Bautagelöhner erhalten ihr Frühstück“ entstanden, das beschaulich wirkt, aber zugleich das Problem der Kinderarbeit bewusst macht und bei der Anordnung der Kinder auf die christliche Tradition der Noli-me-tangere-Darstellung verweist. Das gleiche Thema behandelt das 1828 entstandene Gemälde „Frierender Brezelbub vor der Dominikanerbastei“ von Peter Fendi, bei dem man unwillkürlich an Hans Christian Andersens Märchen „Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern“ denken muss. Da dieses Bild in der NS-Zeit aus dem Kunsthandel angekauft wurde, handelt es sich möglicherweise um entzogenen Besitz, darum ersucht der gegenwärtige Eigentümer, das Wien Museum, um sachdienliche Hinweise auf Vorbesitzer.

Heutige Formen von ausbeuterischer Kinderarbeit in über 30 Ländern beleuchtet das 1990 begonnene Langzeitprojekt „Child Labour Exploitation“ des spanischen Fotografen Fernando Moleres. „Durch die Wiener Quartiere des Elends und Verbrechens“ streifte 1906 der Jurist und Amateurfotograf Hermann Drawe mit dem Journalisten Emil Kläger – das bei diesen frühen Sozialreportagen auf problematische Art, nämlich ohne Einverständnis der Betroffenen, gesammelte Bildmaterial wurde bis 1908 mehr als dreihundertmal in Form von Glasdiapositiven in Lichtbildervorträgen im Wiener Volksbildungshaus Urania präsentiert. Welch ein Gegensatz zu einem etwa hundert Jahre später entstandenen Bild aus der Fotoserie „Generation Wealth“ der Amerikanerin Lauren Greenfield! Sie begleitete mehrere Jahre das luxuriöse Leben der Familie des Multimillionärs David Siegel, die allerdings durch die Finanzkrise 2008 hart getroffen und zum Inbegriff des gescheiterten American Dream wurde. Greenfield ist auch noch mit einem Bild des selbsternannten, deutlich übergewichtigen „Limo King“ vertreten, der mit Mobiltelefon am Ohr in einem luxuriösen Ambiente lungert.

Auf die große Wirtschaftskrise des vorigen Jahrhunderts nimmt das als Buchillustration entstandene Blatt „Spitzenprodukte des Kapitalismus“ von 1932 Bezug. John Heartfield zeigt hier mit dem Hinweis auf 20 Millionen Arbeitslose einen Mann mit dem Schild „Nehme jede Arbeit an!“ und daneben ein teilnahmslos schauendes Modell, das ein Brautkleid um 10.000 Dollar mit einem langen Schleier aus kostbarer Spitze trägt.

Wie sich „Kritik, Widerstand und Protest“ zum Thema Ungleichheit durch die Geschichte ziehen, sehen die Besucher im nächsten Abschnitt der Ausstellung. Beredte Beispiele sind Graphiken aus der Wiener Albertina, Rembrandts Radierung „Das Hundertguldenblatt“, die auf Vorlagen von Pieter Bruegel dem Älteren beruhenden Kupferstiche „Die großen Fische fressen die kleinen“ und „Kampf der Geldkisten und Sparbüchsen“ sowie sechs Blätter von Käthe Kollwitz mit dem Titel „Ein Weberaufstand“. Die Bilder von Kollwitz verdanken ihre Entstehung dem Besuch der Uraufführung des Theaterstücks „Die Weber“ von Gerhart Hauptmann im Jahr 1893 durch die Künstlerin.

Inmitten dieses Raums steht ein martialisch anmutendes Fahrzeug, Krzystof Wodiczkos „Homeless Vehicle“ aus den späten 1980er Jahren. Solche Gefährte dienten damals Obdachlosen in New York und Philadelphia als mobile Wohn- und Transporteinheiten, boten Schutz vor Schlechtwetter und tätlichen Angriffen und eigneten sich auch als Sammelbehälter für Pfandflaschen. Zugleich wiesen diese Konstruktionen auf Ausgrenzung, soziales Elend und die Gentrifizierung ärmerer Stadtviertel hin.

An eine ungewöhnliche Aktion des Künstlers David Hammons in New York erinnert das Foto „Bliz-aard Ball Sale“ von Dawoud Bey, das auch als Plakat der Ausstellung dient: Am 13. Februar 1983 bot nach einem Schneesturm ein Mann mit dunklem Mantel, Hut und Backenbart am Cooper Square in Manhattan Schneebälle in unterschiedlichen Größen zum Verkauf an – eine Reaktion auf die Kürzung von Geldmitteln im Sozialbereich unter Präsident Ronald Reagan.

Ein weiterer Bereich der Ausstellung ist mit dem Titel „Symbole, Materialien und Werte“ überschrieben. Einem Kelch aus Gold- und Edelsteinen steht hier ein schlichter Zinnkelch gegenüber – ein Hinweis, dass die Kostbarkeit von Materialien für den christlichen Glauben nicht entscheidend ist. Am Beispiel von Reliquien wird aufgezeigt, wie ein ideeller Wert, in diesem Fall der religiöse Wert der Überreste von Heiligen, den materiellen Wert bei weitem übersteigen kann. Ein „Reliquiar“ aus dem Stephansdom – auf den man aus den Fenstern des Dom Museums gut sehen kann – ehrt Franz von Assisi und Elisabeth von Thüringen, zwei im Reichtum aufgewachsene Heilige, die sich später den Armen zuwandten.

Von Joseph Beuys stammt die Parole „Kunst = Kapital“, die hier in roter Handschrift auf einer schwarzen Schiefertafel präsentiert wird. Nimmt man ein anderes Beuys-Diktum – jeder Mensch sei ein Künstler – hinzu, ergibt sich die Schlussfolgerung, dass jeder Mensch ein Kapitalist ist. Beuys sieht freilich das wahre Kapital des Menschen nicht in materiellen Besitztümern, sondern in seiner Fähigkeit zu kreativem Schaffen.

Danach begeben sich die Besucher an „Orte der Ungleichheit“ und damit zu einem aktuellen Highlight der Ausstellung, das Bezug zu einem südamerikanischen Armenviertel hat. Mitglieder des „Projeto Morrinho“, eines brasilianischen Künstlerkollektivs, haben für das Dom Museum eine dreidimensionale Miniaturfavela installiert – bestehend aus Holz, Erde, Zement, Ziegelsteinen, Farbe und Spielfiguren. Das Vorbild dafür, der „Morrinho“ (kleine Hügel), ist eine auf 450 Quadratmeter angewachsene Installation in Rio de Janeiros Favela Pereira da Silva. Dieses Projekt, das in den 1990er Jahren Jugendliche mit bunt bemalten Ziegelsteinen und Legofiguren begonnen haben, wurde 2007 auf der Biennale von Venedig gezeigt. In Wien begleitet ein zwölfminütiger Film die Installation und gibt Einblick in das unsichere Alltagsleben in einem Armenviertel. 

Mit dem Kapitel „Teilen und Teilhabe“ endet der Rundgang durch die Ausstellung. Da weist Michelangelo Pistoletto, Mitbegründer der Arte povera und Konzeptkunst, in riesigen Holzlettern auf das Problem „Hunger“ hin (1988), da schließt Thomas Struth mit seinem Projekt „Obdachlose fotografieren Passanten“ (2004) an den „erweiterten Kunstbegriff“ von Joseph Beuys an, der mitten in die Gesellschaftspolitik hineinführt. Im Dialog stehen diese modernen Werke mit Objekten, die das stetige Bemühen des Christentums um Anteilnahme am Los der Armen illustrieren. Es sind Ferdinand Georg Waldmüllers Gemälde „Die Klostersuppe“ aus dem 19. Jahrhundert, Flügelaltarbilder zum Thema „Werke der Barmherzigkeit“ (1490-1500) aus Altmünster in Oberösterreich und ein besonders berührendes Tafelbild aus der Zeit um 1460, das vom italienischen Künstler Lorenzo die Pietro, genannt „Il Vecchietta“, und seiner Werkstatt stammt. „Der heilige Franziskus vermählt sich der Armut“ zeigt den als „Poverello“ in die Geschichte eingegangenen Heiligen aus Assisi in schlichter Kutte, wie er die Allegorie der Armut, barfüßig wie er, bei der Hand nimmt.

Die Ausstellung, die Objekte aus Beständen des Dom Museums, einige moderne Auftragswerke und viele Leihgaben zeigt, setzt eindrucksvoll die junge Tradition dieses Museums fort, Kunst in Beziehung zu gesellschaftspolitischen Problemen zu präsentieren. In diesem Fall wird eindringlich gezeigt, wie Kunst für das Problem Ungleichheit sensibilisieren und sogar zu entsprechenden Aktionen motivieren kann.

arm & reich

Dom Museum Wien

1010 Wien, Stephansplatz 6

Bis 28. August 2022

„Fürchtet euch nicht!“

In einer zunehmend gespaltenen Gesellschaft und im Zeitalter „persönlicher Feiertage“ wird Weihnachten als Anlass zum gemeinsamen Feiern zur Herausforderung. Ein Text aus der „Wiener Zeitung“.


Alle Jahre wieder sollen wir uns daran erfreuen, dass der Schnee leise rieselt, dass die Glocken süßer als sonst klingen, sich strahlende Kinderaugen im Kerzenlicht spiegeln, wir vor oder nach dem Austausch von mehr oder weniger gut ausgewählten Geschenken mit lieben Menschen bei köstlichen Speisen und erlesenen Getränken beisammensitzen.

Erleben wir heutzutage wirklich Weihnachten so idyllisch und fröhlich, wie es altbekannte Lieder und Bräuche zum Ausdruck bringen? Der einst als „stille Zeit“ beschriebene Advent geht längst in Hektik unter, die „gnadenbringende“ Weihnachtszeit im Trubel gnadenloser Kommerzialisierung. Natürlich genießt man gerne eine Reihe arbeitsfreier Tage, aber mit allen Vorbereitungen und Begleiterscheinungen bewirken die Feiertage bei vielen mehr Stress, und Gewichtszunahmen, als Erholung und Besinnlichkeit, wie sie der moderne Mensch sicher nötiger hätte.

2021 ist freilich wie schon 2020 – aber hoffentlich nicht alle Jahre wieder – die Lage etwas anders. Gerade in der außergewöhnlichen Zeit einer Pandemie, in der ständig neudeutsche Wörter wie Lockdown, Homeoffice (ein Engländer könnte annehmen, dass sich plötzlich fast alle im Innenministerium aufhalten) oder Distance Learning unser Leben bestimmen, verschwimmen die Grenzen zwischen Arbeits- und Freizeiten. Der Kalender bleibt freilich gleich, beschert uns alljährlich die traditionellen Feste und konfrontiert uns heuer vielleicht sogar mehr als sonst mit der Frage: Was bedeuten uns Feiertage?

Liebe, Frieden und Familie

Würde der „Ö3-Callboy“ danach fragen, welchen Ursprung und Sinn bestimmte Feiertage haben, bekäme er vermutlich sehr viele falsche oder nur halb zutreffende Antworten. Und selbst wenn er richtige Antworten bekäme, bleibt offen, wie viele Menschen mit dem Inhalt bestimmter Feste etwas anfangen können. Aber auch wer nicht religiös ist, wird diverse kirchliche Feiertage nicht missen wollen, wie auch jemand, der mit der Arbeiterbewegung oder nationalen Gefühlen nichts am Hut hat, in der Regel den 1. Mai oder den 26. Oktober gerne als freie Tage freudig begrüßt. In einer zunehmend individualistischen Gesellschaft, der es schwer fällt, gemeinsam bestimmte Anlässe feierlich zu begehen, hat ja vielleicht sogar das Modell „persönlicher Feiertage“ – der eigenartige Kompromiss nach der heftigen Diskussion um den Karfreitag – Zukunft. 

Was feiern wir nun zu Weihnachten? Das Fest erinnert an die Geburt Jesu Christi, werden in einem Land, dessen Einwohner immer noch mehrheitlich christlich getauft sind, die meisten sagen. Natürlich ist auch der Hinweis korrekt, dass um diese Zeit schon in vorchristlichen Kulturen die Wintersonnenwende zelebriert wurde und die Christen diesen Termin nur vom römischen Sol-invictus-Fest übernommen haben.

Für gläubige Christen ist mit der Geburt Jesu im Stall von Bethlehem Gott Mensch geworden. Weniger religiöse Menschen werden zwar zum Teil Jesus als bedeutende Persönlichkeit akzeptieren, aber keineswegs als Sohn Gottes. In säkularisierten Gesellschaften hat sich Weihnachten daher in erster Linie als Fest der Liebe, des Friedens und der Familie etabliert.

Wahrscheinlich besteht auch in einer pluralistischen Gesellschaft relativ große Einigkeit darüber, dass die Menschheit solche Feste der Liebe und des Friedens braucht, mögen sie religiösen Ursprungs sein oder nicht. 

Offenbar, und das erschwert derzeit das Feiern, hat sich allerdings der Pluralismus mehr und mehr zu einer Polarisierung zwischen relativ großen Teilen der Bevölkerung entwickelt. Bei dieser Entzweiung, die manche bereits Spaltung nennen, spielt aber weniger die religiöse Haltung, sondern die Einstellung zu bestimmten Problemen, aktuell etwa zur Corona-Pandemie, die Hauptrolle. Damit stehen wir vor der Frage: Sind wir, wenn der Riss oft mitten durch Familien, Freundeskreise, Arbeitsgemeinschaften geht, feierfähig? Können wir freudig und friedlich gemeinsam um den Christbaum stehen oder am Weihnachtstisch sitzen, wenn jederzeit heftiger Streit entbrennen kann? Wenn nicht alle Anwesenden diszipliniert gewisse Reizthemen meiden, können dann buchstäblich die Fetzen fliegen, zumal ja meist nicht sachlich diskutiert wird, sondern zumindest eine Streitpartei rasch nur noch emotional agiert.

Lagerdenken und Polarisierung

Dass es innerhalb einer Bevölkerung sehr unterschiedliche Positionen gibt, ist weder neu noch negativ. Alles andere wäre langweilig und würde auch jeglichen Fortschritt, der oft auf dem Austausch verschiedener Ansichten beruht, bremsen. Bedenklich wird es, wenn ein echtes Lagerdenken einsetzt, wenn man allen anderen Meinungen mit Feindseligkeit, wenn nicht sogar mit Hass begegnet. Wird nicht einmal im Ansatz die Möglichkeit in Betracht gezogen, die andere Seite könnte zumindest teilweise Recht haben und nicht nur Böses und Falsches, sondern Gutes und Richtiges anstreben, dann ist eine echte Spaltung eingetreten.

Schon der Fanatismus der Anhänger mancher Fußballvereine oder einzelner Musik- und Filmgrößen wirkt mitunter beängstigend, betrifft aber meist nur relativ kleine Personenkreise. Mehr Sorgen bereiten wachsende Polarisierungen in anderen Bereichen, die wir alle kennen. Da geht es um die Einstellung zu Corona und Impfung, zu Flucht, Zuwanderung und Asyl (wo man in Europa derzeit nicht gerade die christliche Weihnachtsbotschaft befolgt), zur Ernährung (Veganer und Vegetarier auf der einen, Omnivoren und „Karnisten“ auf der anderen Seite), zum Klimaschutz, zum Bildungssystem, zur Gesundheit (alternative Heilmethoden kontra Schulmedizin) und zu bestimmten Politikern und deren Parteien. 

Natürlich hat jeder das Recht auf eine eigene Meinung, sie sollte aber nicht auf „alternativen Fakten“, die objektiv nicht nachvollziehbar sind, basieren. Nicht akzeptabel sind auch unsachliche, auf Beleidigung abzielende Formulierungen, etwa wenn ein Politiker, der wissen müsste, dass er dabei weit über jedes Ziel hinausschießt, behauptet, in seinem Land sei die „dümmste, verlogenste, sadistischste Regierung Europas“ am Ruder.

Wird der Ton zu rau und womöglich noch durch demagogische Anführer verschärft, kann es zu Konflikten kommen, die mit brutaler Gewalt ausgetragen werden und viele – oft an den Zwistigkeiten völlig schuldlose – Opfer fordern. Was einzelne sagen oder tun, ist dann meist völlig nebensächlich, es genügt, zur Gruppe der anderen zu gehören, zu einer anderen Familie, zu einer anderen Ortschaft, zu einer anderen Volksgruppe, zu einer anderen Partei, zu einer anderen Religion. Nicht nur die Liebe, auch der Hass kann blind machen. 

Besonders treffend illustriert das eine zumindest gut erfundene Begebenheit aus Nordirland am Höhepunkt des dortigen Bürgerkrieges: An einer Straßensperre wird ein Mann schroff gefragt: „Protestant oder Katholik?“ Der Mann antwortet: „Weder noch, ich bin Atheist.“ Nach kurzem Zögern kommt scharf die Nachfrage: „Protestantischer oder katholischer Atheist?“

Das Kind aus der Krippe von Bethlehem hat als erwachsener Mann oft gesagt „Der Friede sei mit euch!“, aber laut dem Matthäus-Evangelium (10. Kapitel) auch einmal: „Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert.“ Diese Stelle als Hinweis auf die Gewaltbereitschaft des Christentums zu interpretieren, was mitunter – im Widerspruch zu zahllosen anderen, geradezu pazifistischen Bibelstellen – geschieht, greift zu kurz. Das hier gemeinte Schwert tötet nicht, deckt aber Zwietracht auf, konkret zwischen jenen, die sich zu Jesus bekennen, und jenen, die das nicht tun. Diese Spaltung kann auch mitten durch Familien, Hausgemeinschaften und Freundeskreise gehen, soll aber nicht dazu führen, dass man mit Waffen aufeinander losgeht. Nicht zuletzt sagt Jesus bei seiner Gefangennahme (im 26. Matthäus-Kapitel): „Wer zum Schwert greift, wird durch das Schwert umkommen.“ 

Tiefere Ursache: Ungleichheit

Das Problem von Spaltungen ergibt sich nicht aus unterschiedlichen Meinungen oder Weltanschauungen, sondern aus der oft damit verbundenen Intoleranz. Sie führt zum Schüren von Feindbildern, zu einer Polarisierung, die inhaltliche Debatten vermeidet oder dabei unseriös beziehungsweise mit „Fake News“ arbeitet und schließlich verbaler, aber auch echter Gewalt die Tür öffnet. Wer sich mit Geschichte befasst, weiß, wie gefährlich extrem verhärtete Fronten sind, wie rasch hier von einem Tag auf den anderen Pulverfässer entstehen, die ein kleiner Funke zum Explodieren bringen kann. Oft liegt die tiefere Ursache dafür in wirtschaftlicher Ungleichheit, in einer wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich, mag sie sich auch an anderen Themen entzünden. Weihnachten mit seiner Botschaft vom Kind, das in einem Stall zur Welt kommen musste, „weil in der Herberge kein Platz war“, ist ein guter Anlass, den Blick über den heimischen Tellerrand hinaus auf die Problematik der immensen Ungleichheit auf unserem Planeten zu werfen.

Wir leben in einer zerrissenen Welt, in der die Güter und Einkommen, die Chancen auf Bildung, politische Mitsprache, soziale Sicherheit und eine intakte Umwelt äußerst ungleich verteilt sind, nicht nur zwischen den einzelnen Erdteilen, sondern auch innerhalb der Kontinente und der dortigen Länder. Auch die Europäische Union geht oft nicht einig vor, wie es einer „Wertegemeinschaft“ anstünde.  Mag sein, dass uns die Spaltung der westlichen Industriegesellschaften heute nur mehr bewusst ist als früher. Ziemlich sicher tragen dazu die „sozialen“ neuen Medien bei, die mit ihren Algorithmen „Blasen“ entstehen lassen und zugleich zu einem Instrument raffinierter Kriegsführung geworden sind. 

Der Verdacht liegt nahe, dass vor allem Diktatoren und autoritäre Staatenlenker, die im eigenen Land brutaler denn je gegen jede Opposition vorgehen, via Internet an der Destabilisierung anderer Länder arbeiten. Sie haben vermutlich zur Vertiefung von Spaltungen in westlichen Ländern kräftig beigetragen, etwa in Großbritannien (pro und kontra Brexit) oder in den USA (für oder gegen Donald Trump). Es ist erst gerade ein Jahr her, dass das Vereinigte Königreich (mit 1. Jänner 2021) die Europäische Union verließ und dass radikale Trump-Anhänger mit ihrem Sturm auf das Kapitol (am 6. Jänner 2021) die amerikanische Demokratie erschütterten.

Ein Land kann und soll viel Verschiedenheit aushalten, aber es gerät in Gefahr, wenn das Misstrauen und die Missgunst zwischen den Menschen überhand nehmen. Mit ihrem Satz „Vertrauen ist das wichtigste Kapital in der Politik“ traf die abgetretene deutsche Kanzlerin Angela Merkel in ihrer Abschiedsrede wieder einmal den Nagel auf den Kopf. Das nicht nur in der Politik, sondern im menschlichen Umgang überhaupt unentbehrliche Vertrauen ging – anscheinend parallel zum religiösen Glauben – in den letzten Jahren vielen verloren. Denn ständig schüren Skandale – in der Politik, in der Kirche, in der Wissenschaft, in der Wirtschaft, in der Welt der Medien, im Sport et cetera –, nicht nur gegenüber den direkt betroffenen Personen und Institutionen, sondern allgemein ein tiefes Misstrauen. 

Man hält es mit Johann Nestroy: „Ich glaube von jedem Menschen das Schlechteste, selbst von mir, und ich hab’ mich noch selten getäuscht.“ Wenige werden von Natur aus misstrauisch sein, doch sie werden es umso mehr, je öfter ihr Vertrauen enttäuscht wurde, je mehr schlechte Erfahrungen sie machen mussten. Leider schütten die Enttäuschten oft das Kind mit dem Bad aus und fällen undifferenzierte Pauschalurteile über ganze Gruppen: Die Bösen sind dann „die“ Ausländer, „die“ Politiker, „die“ Wissenschafter, „die“ Medien oder überhaupt „die da oben“. Es mag bequem sein, solche Schrotladungen abzuschießen, es ist aber falsch. Fehlerlose Menschen wird man nirgends finden, aber in jedem Bereich solche, deren Fachkenntnis und Charakter man in hohem Maß vertrauen kann.

Einmütigkeit im Notwendigen

Ein lateinischer Satz könnte nicht nur zur Beilegung innerkirchlicher Konflikte, für die er formuliert wurde, sondern auch gesamtgesellschaftlich hilfreich sein: „In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus caritas“ (Im Notwendigen herrsche Einmütigkeit, im Zweifelhaften Freiheit, in allem aber Nächstenliebe). Man hat diesen Spruch lange dem Heiligen Augustinus zugeschrieben, er ist aber erst 1617 im Hauptwerk „De Republica Ecclesiastica“ des kroatischen Gelehrten und Theologen Markantun de Dominis nachweisbar, wobei dort noch von „non necessariis“ statt von „dubiis“ die Rede ist. 

Diese Sentenz – sie wurde zu einem Leitspruch der katholischen Studentenschaft – wirft eine wichtige Frage auf: Wie unterscheidet man das Notwendige vom Zweifelhaften? Beim aktuellen Thema Covid-19 sieht zum Beispiel die Mehrheit ein einheitliches Vorgehen auf Basis der Erkenntnisse der überwiegenden Mehrheit der Experten als notwendig an, eine lautstarke Minderheit sieht diese Notwendigkeit nicht, bezweifelt die offiziellen Daten und pocht auf ihre Freiheit. Dass so etwas wie Liebe im Umgang dieser Gruppen miteinander herrscht, lässt sich nicht behaupten. Freiheit ist ein hohes Gut, aber richtig verstandene Freiheit nimmt sich selbst zurück, wenn die Freiheit aller anderen auf dem Spiel steht.

Wann, wenn nicht zu Weihnachten, sollte das Verbindende über das Trennende gestellt werden? Viele Geimpfte und Genesene waren und sind bereit, zeitweise in einen allgemeinen Lockdown zu gehen – tragen auch die Ungeimpften im Interesse aller die von einer demokratisch legitimierten Regierung verordneten Maßnahmen mit? Dass wir in einer Demokratie ohne Wahlbetrug leben, haben zuletzt Wahlen, bei denen die Kommunisten und eine Impfgegner-Partei unerwartete Erfolge erzielten, bewiesen.

Guter Wille zum Zusammenhalt ist gefragt, um die Zentrifugalkräfte in unserer Gesellschaft zu stoppen. Dazu gehört die Erkenntnis, dass es in einer Gesellschaft eines Mindestmaßes an Einigkeit bedarf, wenn wir große gemeinsame Gegner, das Virus und die Klimaveränderung, in Schach halten wollen. Sonst wird nicht nur die Pandemie zur endlosen Geschichte, sondern auch die Erreichung der global vereinbarten Klimaziele – im Interesse der nächsten Generationen eine absolute Notwendigkeit! –  völlig unrealistisch. Wir brauchen dringend mehr Gemeinschaft und mehr Team-Spirit, keine Spaltung!

Weihnachten 2021 ist wie im Vorjahr nicht das übliche Fest, weil wir seit fast zwei Jahren in einer Krise leben, die weder die oft hilflosen Politiker noch die auf Eigenverantwortung pochenden Bürger bewältigt haben. Was wir brauchen, sind Hoffnung, ein Überwinden unserer Ängste und viel guten Willen, um alle gemeinsam – die Politik, die Experten und einzelne Gruppen allein sind dazu zu schwach – die Probleme zu lösen. All das könnte uns die Weihnachtsbotschaft geben. „Fürchtet euch nicht“, heißt es dort, „Heute ist euch der Retter geboren“ und „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen guten Willens“. Diese Sätze sollen nicht nur gläubigen Christen, für die sie natürlich besondere Bedeutung haben, ein Trost sein und nicht nur den daraufhin voll Vertrauen nach Bethlehem pilgernden Hirten, sondern allen Menschen Aufbruchsstimmung vermitteln.

„Corona“ für das Fürstenpaar

Schon vor 350 Jahren gab es in Salzburg um Corona ein Riesentheater. Das heuer so verhängnisvolle Virus und ein lateinisches Drama

Weil ein Coronavirus wie eine gezackte Krone aussieht, trägt es die lateinische Bezeichnung für die Kopfbedeckung von Monarchen. Ein seltsamer Zufall will es, dass der Begriff Corona genau 350 Jahre vor dem Auftreten von SARS-CoV-2 in anderem Zusammenhang in Salzburg im wahrsten Sinn des Wortes seine Bühne hatte: Am 5. September 1670 wurde an der damaligen Universität ein Theaterstück mit dem Titel „Corona laboriosae heroum virtuti imposita“ aufgeführt. Der Text ist leider nicht erhalten, wohl aber ein gedrucktes Theaterprogramm, das man in der Fachsprache Perioche (vom griechischen Wort für „Umfassen“) nennt. 

Solche Periochen enthalten wichtige Angaben zu Vorstellungen des katholischen Ordenstheaters der Barockzeit, wie es vor allem die Jesuiten und Benediktiner in Szene setzten. An der alten Salzburger Universität erlebte das Theater der Benediktiner, die diese Hochschule führten und hier ihren Nachwuchs aus zahlreichen Klöstern des süddeutschen Sprachraums ausbildeten, seine Hochblüte. Von den Dramatikern erwarb sich Simon Rettenpacher, der dem Stift Kremsmünster angehörte, den meisten Ruhm. Unter den Komponisten finden sich neben dem damals elfjährigen Wolfgang Amadeus Mozart, der als Knabe auch einmal im Ballett mittanzte, mit seinem Werk „Apollo und Hyacinth“ (1767) auch Michael Haydn, Georg Muffat oder Heinrich Biber.

Lange Titel für die lateinischen Schuldramen waren damals üblich. Was jener mit „Corona“ beginnende von 1670 bedeutet, lässt sich auf dem Titelblatt der Perioche in barockem Deutsch nachlesen: „Ehren-Cron/Hochansehlichen Helden umb wegen mühlicher Tugend-werbung von Gloria auffgesetzt.“ Es geht also darum, jene, die sich um tugendhaftes Verhalten bemühen, mit einer Krone zu ehren.

Bei dieser Aufführung handelte es sich nicht um eine beliebige unter vielen. Sie bedeutete vielmehr innerhalb der von 1617 bis 1778 währenden Geschichte des Salzburger Benediktinertheaters ein echtes Glanzlicht. Kurfürst Ferdinand Maria von Bayern (1636-1679) und seine Gemahlin Henriette Adelaide von Savoyen (1636-1676) reisten damals mit einer 500-köpfigen Entourage durch Bayern und Salzburg und statteten auch der Stadt Salzburg und Erzbischof Max Gandolf von Kuenburg einen Besuch ab. Zu Ehren dieses Fürstenpaares fand am 5. September die festliche Vorstellung statt. Der Venezianer Domenico Gisberti (1635-1677), ein Priester und Schriftsteller, nahm an dieser Reise teil und veröffentlichte darüber ein Buch in italienischer Sprache. 

Die Salzburger Musikwissenschafterin Sibylle Dahms zitierte daraus 1970 auf Deutsch in einem Fachbeitrag für die „Österreichische Musikzeitschrift“ eine Passage über diesen Theaterabend: „Es war eine lateinische Dichtung, die Bühnenmaschinerien aber waren italienisch, die Verwandlung der 16 Szenenbilder war geradezu göttlich zu nennen. Man konnte das Werk als eine Oper bezeichnen. Außerordentlich hoch müssen die Kosten für die Aufführung gewesen sein. Groß war die Zahl der auftretenden Künstler, ungeheuer groß der Zulauf des Publikums. Ein Teil der Handlung wurde deklamiert, ein Teil gesungen. Kavaliere des Hofes führten die Tänze aus, die zum Teil als Zwischenspiel in die Handlung eingelegt waren. Es war ein köstliches Durcheinander, allen Zuhörern ein herrlicher Zeitvertreib.“ Die hohen Kosten könnten die Ursache dafür gewesen sein, dass die am Ende des Studienjahres übliche große Theateraufführung, die „Finalkomödie“, im Jahr 1671 nicht stattfinden konnte.

Als Autor und Spielleiter war ein Mann am Werk, über dessen Leben man nicht viel weiß. Otto Guzinger wurde um das Jahr 1617 in Kärnten geboren und am 19. März 1639 in Salzburg zum Priester geweiht. Er gehörte dem bayerischen Benediktinerkloster Seeon an, das 1803 im Zuge der Säkularisation aufgehoben wurde, und unterrichtete ab 1639 in Salzburg, zunächst am Akademischen Gymnasium, vorwiegend in der Rhetorik-Klasse, später als Professor für Ethik an der Philosophischen Fakultät. Daneben amtierte er jahrzehntelang als „Pater comicus“ und war damit für die „Finalkomödien“ zuständig, von denen er in drei Jahrzehnten 20 zur Aufführung brachte, mehr als jeder andere seiner Kollegen im 17. und 18. Jahrhundert. 

Er hatte offensichtlich schon in jungen Jahren ein besonders gutes Händchen dafür, zu bedeutenden Anlässen „auf Bestellung“ das richtige Stück zu liefern, zum Beispiel zum Besuch eines österreichischen Erzherzogs namens Sigismund über einen Heiligen mit dem gleichen Namen. Ob hohe Besuche, das Ende des Dreißigjährigen Krieges oder die Kaiserkrönung von Leopold I. – Guzinger schrieb das passende Stück oder arbeitete  ein früheres Werk entsprechend um. Unter ihm erlebten vor allem allegorische Spiele in Salzburg ihre Blütezeit. Wie ein roter Faden zieht sich die Lobpreisung des Friedens, der Eintracht, der Tugend und der göttlichen Liebe durch sein Schaffen. Otto Guzinger starb am 13. Oktober 1679 in Salzburg. Vermutlich hat er 28 Theaterstücke geschrieben, mit teils sehr originellen Inhalten, etwa der Verwendung des Zauberlehrling-Motivs. Nur von sechs seiner frühen Dramen sind Texte erhalten, sonst lediglich Periochen.

1661 wurde mit Guzingers „Ira & clementia Dianae. In Agamemnone et Iphigenia demonstrata“ das neue Universitätstheater in der Aula academica eröffnet, das mit seinen Kulissen und Maschinerien allen denkbaren barocken Bühnenzauber ermöglichte. Guzinger wusste diese Ausstattung von Anfang an gut zu nutzen, in allen seinen Stücken ist der szenische Aufwand beträchtlich: häufige Verwandlungen, oftmaliges Verwenden von Flugmaschinen, reiche Ausstattung der Figuren mit symbolträchtigen Requisiten.

Dank vieler musikalischer Szenen hatten die damaligen Stücke geradezu opernhaften Charakter. Das galt, wie Gisbertis Bericht beweist, besonders für die vom gebürtigen Reichenhaller Andreas Hofer (1628 oder 1629-1684) vertonte „Corona“ von 1670, die ein effektvolles Blumenballett enthält: Zunächst verwandelt eine böse Hexe die Blumen eines Gärtners in welke Kräuter, doch dann werden sie wieder zu Blumen und tanzen einen Reigen. Ein Glückshorn ist in diesem Werk der Preis für die arbeitsamen Menschen. Etwas freier übersetzt passt der Titel von 1670 auch für 2020: „Eine Ehrenkrone für die Helden der Arbeit“.